Am Aschura-Tag trauern viele Schiitinnen und Schiiten um den 3. Imam Husain ibn ’Ali. Auch für viele Sunnitinnen und Sunniten ist der 10. Muharram wichtig. Sie verbinden mit ihm jedoch Geschichten über zwei ganz besondere Rettungen. Diese Geschichten kennen auch Jüdinnen, Juden, Christinnen, Christen, Alevitinnen, Aleviten und Bahai aus ihren heiligen Schriften. Für alle sind sie eine Erinnerung daran, dass sie Gott immer vertrauen können.
Die erste Geschichte erzählt von Noah und seiner Arche. Danach hat Gott Noah vor einer großen Sintflut dazu aufgerufen, ein riesiges Schiff zu bauen. Darauf sollte er seine Familie und von jeder Tierart ein Paar in Sicherheit bringen. Das Schiff hieß Arche. Weil Noah Gott vertraute und tat, was Gott ihm geraten hatte, haben Noah, seine Familie und die Tiere die gewaltigen Unwetter überlebt.
Manche sunnitischen und auch schiitische Familien erinnern sich gerne mit einem besonderen Essen an diese Geschichte. Sie laden sich gegenseitig zu „Noahs Suppe“ ein. Sie heißt auch Aschura-Suppe und ist aus vielen Früchten und Nüssen zubereitet und sehr süß. Eine besondere Tradition ist es, die Suppe auch an Freundinnen, Freunde und Verwandte zu verteilen.
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Am Aschura-Tag trauern viele Schiiten um den 3. Imam Husain ibn ’Ali. Außerdem ist der Feiertag am 10. Muharram für Muslime aller Glaubensrichtungen ein Gedenktag an die Rettung der Arche Noah.
Andere Sunnitinnen und Sunniten denken am 10. Muharram vor allem daran, dass Mose das Volk Israel einst über einen ganz besonderen Fluchtweg vor ihren Verfolgern in Sicherheit gebracht haben soll. Nach dieser Geschichte rief Mose die Menschen in Ägypten dazu auf, nicht ihrem Herrscher, dem Pharao, zu folgen, sondern an Gott zu glauben. Das machte den Pharao sehr wütend und er schikanierte die Anhänger von Mose immer mehr. Viele Menschen vertrauten nun erst recht auf Gott. Darum folgten sie Mose, als er sie zur Flucht aus Ägypten aufrief. Unterwegs gerieten sie in eine gefährliche Lage. Der Pharao und seine Soldaten waren ihnen schon dicht auf den Fersen. Da versperrte ihnen plötzlich das weite und tiefe Meer den Weg. Eine große Angst überfiel die Menschen. Mose versuchte, sie zu beruhigen. Er bat sie, auf Gott zu vertrauen. Und tatsächlich: Im letzten Augenblick wies Gott Mose an, mit einem Stock aufs Meer zu schlagen. Mose tat, was Gott ihm riet. Da spaltete sich das Meer vor den Menschen und in letzter Sekunde gelang ihnen auf diesem ungewöhnlichen Weg über den Meeresboden die Flucht. Hinter ihnen schlossen sich die Wellen wieder und Mose und seine Anhänger waren gerettet.
Diese Geschichte steht im Koran in der Sure 26, Vers 63-68.
Viele Schiitinnen und Schiiten treffen sich am Aschura-Tag in der Moschee. Dort und auch anderswo hören und singen sie traurige Lieder. Manche essen anschließend gemeinsam. Mit den Liedern und der im Namen des 3. Imam gesegneten Speise erinnern sich die Schiitinnen und Schiiten an Husain ibn ’Ali. Er war ein Enkel des Propheten Mohammed und der dritte von 12 Imamen. Vor mehr als 1.300 Jahren wurde er in einer Schlacht bei Kerbela getötet. Dort wollte er gemeinsam mit anderen Männern ungerechte Herrscher stoppen und den Glauben des Propheten Mohammed verteidigen. Seither ist Husain ibn ’Ali für Schiitinnen und Schiiten ein Märtyrer. Das ist im Islam ein Mensch, der bei der Ausübung seiner Religion von Gegnern des Islam getötet wird, zum Beispiel in einem Gefecht oder bei einem Anschlag.
In einigen muslimischen Ländern fügen sich manche schiitische Männer am Aschura-Tag selbst Verletzungen zu. Damit wollen sie ihren Schmerz und ihre Verbundenheit mit Husain ibn ’Ali ausdrücken. In den meisten anderen Ländern ist dieses Ritual heute verboten.
Auch Alevitinnen und Aleviten kennen Husain ibn ’Ali. Sie nennen ihn Hüseyin und feiern zu seinen Ehren ein eigenes Fest: drei Tage später begehen sie den Asure-Tag.
Weil Mose damals aus Dankbarkeit für die Rettung am 10. Muharram gefastet haben soll, tun manche Sunnitinnen und Sunniten das auch heute noch. Dafür verspricht ihnen ein Hadith ihres Propheten Mohammed auch die Befreiung von allen Sünden des vergangenen Jahres. Das gilt nach ihrem Glauben aber nur für diejenigen, die ihre Sünden auch wirklich bereuen.