Wie begleiten Buddhisten in Tibet ihre Sterbenden und Toten?

Tibetanischer Mönch
Sergio Capuzzimati / Unsplash
Viele Tibeter hoffen, dass der Geist ihren sterbenden Körper durch das linke Nasenloch verläßt, denn dann dürfen sie auf Weisheit und eine gute Wiedergeburt hoffen.
Friederike
Myriam Abdel-Rahman-Sherif, Nicola Hernadi
01.11.2021 - 15:40

Die Trauerrituale tibetischer Buddhisten hängen vom Lebensstil der Sterbenden und Toten ab. Manche haben ihren Glauben als „normales“ Mitglied der Gesellschaft gelebt, andere als Mönch oder Meister ihrer Religion.

Nach dem Tibetischen Totenbuch soll ein Lama dem Sterbenden dabei helfen, schlechtes Karma abzutragen und ihm damit nach Möglichkeit eine Wiedergeburt ersparen. Tibetische Buddhisten glauben, dass der Geist den sterbenden Körper durch eine Körperöffnung verlässt, zum Beispiel durch den Mund, ein Nasenloch, ein Ohr oder Auge. Viele Tibeter hoffen auf das linke Nasenloch, denn nach ihrem Glauben dürfen sie dann auf Weisheit und eine gute Wiedergeburt hoffen. Oft helfen die Angehörigen dem Sterbenden dabei, sich die anderen Körperöffnungen im Moment des Sterbens zuzuhalten.

Ihre „normalen“ Angehörigen betrauern die meisten Buddhisten in Tibet im großen Familienkreis. Das ganze Ritual dauert sieben Wochen.
Die Bestattung erfolgt meist mit Hilfe einer Verbrennung, in manchen Teilen Tibets gibt es auch Luft- oder Himmels-Bestattungen. Zuvor wird der Leichnam mit Blumen geschmückt, in feines Tuch eingewickelt und auf einer Bahre zum Bestattungsplatz getragen. In einem Trauerzug begleiten ihn die Hinterbliebenen und Mönche. Unterwegs sprechen sie buddhistische Gebete. Je mehr Mönche eingeladen sind, desto aufwändiger ist die Zeremonie. Auch ein großes Essen, der sogenannte Leichenschmaus, gehört zum Ritual. Dazu sind alle Gäste eingeladen.
Buddhisten glauben, dass sich der Geist eines Menschen bis zum 49. Tag nach dem Tod des Körpers in einem „Zwischenstadium“ befinden kann. Daher verbrennen viele Tibeter bis dahin täglich einige Speisen am Haus. Dafür gibt es ein spezielles Gefäß mit etwas brennbarem Alkohol. Von dem Rauch soll sich das verstorbene Familienmitglied ernähren, wenn es mag.
Ab dem Sterbedatum halten viele Buddhisten in Tibet für den Verstorbenen außerdem sieben Wochen lang an jedem 7. Tag ein Gebetsritual ab. In armen und einfachen Familien geht es oft etwas schlichter zu.

Hat sich ein Buddhist im Leben sehr seinem Glauben verschrieben, begleiten ihn die Hinterbliebenen und Mönche in der Regel auch mit ganz besonders vielen Gebeten und buddhistischen Texten in den Tod.

Lamas und andere Meister des Buddhismus brauchen keine Vorleser. Diese seltenen „Heiligen“ nehmen zum Sterben eine Meditationshaltung ein. Es heißt, dass sie in einen Zwischenzustand übergehen. Wenn ihr Herz aufhört zu schlagen, bleibt es über lange Zeit auch dann noch warm, wenn Außenstehende sie schon für tot halten. Einen Körper in diesem Zustand nennen Tibeter "Regenbogenkörper". Wenn der „Heilige“ seinen menschlichen Körper aus diesem Zustand heraus endgültig verlassen hat, wird sein Leichnam unter großen Ehren in einem eigens errichteten Ofen verbrannt. Anschließend wird in der Asche nach Reliquien gesucht. Diese Überbleibsel können Perlen sein und Hinweise auf den Ort der Reinkarnation des Verstorbenen geben. Die Reliquien werden in Schreinen in den Tempeln aufbewahrt oder in eigens dafür errichteten Bauwerken. Dort sollen sie ihre Segenskraft allen Wesen zukommen lassen. Viele Buddhisten gehen deshalb  dorthin, umschreiten die Schreine verehrend im Uhrzeigersinn und sprechen Wunschgebete. 

 

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